Uris Bevölkerungsentwicklung: Mit der Wirtschaft wächst der Kanton
2023 wuchs die Urner Bevölkerung im selben Mass, wie der Schweizer Schnitt. 613 Personen mehr sind ein Rekordwert für den Kanton. Die Analyse zeigt: Es sind nicht mehr Babys, sondern mehr Arbeitskräfte, denen Uri sein Wachstum zu verdanken hat.
Bevölkerungsentwiklung in Uri: Der Zuwachs an Arbeitsplätzen zieht mehr Menschen in den Kanton
2023 wuchs die Urner Bevölkerung im selben Mass, wie der Schweizer Schnitt. 613 Personen mehr sind ein Rekordwert für den Kanton. Die Analyse zeigt: Es sind nicht mehr Babys, sondern mehr Arbeitskräfte, denen Uri sein Wachstum zu verdanken hat.


Was bedeutet mir diese Geschichte?
Ein exzellentes Beispiel dafür wie sich hinter einer einzigen Zahl – 1.6 Prozent – spannende Zusammenhänge verbergen. Mit etwas Recherche konnte ich dank dieser trockenen Meldung eine Tür zu interessanten Hintergründen aufstossen.
Uri ist nicht gerade als Bevölkerungsmagnet bekannt. Der Kanton hatte in den letzten Jahren zwar ein stetiges Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, es lag dabei aber in der Regel unter dem Schweizer Durchschnitt. Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) hat die gesamte Schweizer Bevölkerung seit 2011 um 12 Prozent zugenommen, während der Zuwachs in Uri nur rund 5 Prozent beträgt. Doch im Jahr 2023 scheint Uri eine andere, untypische Entwicklung durchlaufen zu haben.
Denn die vorläufigen Zahlen des BFS zeigen, dass die Bevölkerung von 2022 auf 2023 um 613 Personen zugenommen hat, was einem Anstieg von 1,6 Prozent entspricht. Der Anstieg ist markant, denn die Jahre zuvor bewegte sich die Zunahme jeweils nur zwischen 0,4 und 0,7 Prozent.
Evelin Walker von der Volkswirtschaftsdirektion Uri begrüsst diese Entwicklung: «Wir sind grundsätzlich über das Wachstum erfreut, weil es auch mit einem Beschäftigungswachstum einhergeht.» Sie sieht in dem Anstieg auf 37’930 Urnerinnen und Urner den Beweis dafür, dass die verschiedenen Entwicklungsprojekte im Kanton ihre positive Wirkung entfalten. Sie zählt unter anderem den Kantonsbahnhof in Altdorf dazu, der die Region seit 2021 besser erschliesst.
Mehr Pendler oder mehr Arbeitsplätze?
Denkbare Effekte durch den Bahnhof, die das Bevölkerungswachstum unterstützen, sind: der Zuzug von Personen nach Uri, da das Pendeln erleichtert wurde, und die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen vor Ort, was wiederum Zuzüge fördert.
Die Zahlen der SBB zeigen tatsächlich einen stärkeren Verkehr über Altdorf: 2018 stiegen werktags durchschnittlich 500 Personen in Altdorf um, mit Eröffnung des neuen Bahnnetzes waren es 2022 bereits 1900 Personen. Allerdings zeigen die Zahlen des BFS, dass der Verkehr nicht mit mehr Pendlern aus Uri einhergeht: Zwischen 2018 und 2022 nahm die Zahl der Pendlerinnen von Uri in andere Kantone um 2 Prozent ab und die Zahl der Pendlerinnen in den Kanton um 10 Prozent zu.
Es bleibt also die Erklärung, dass ein erhöhtes Arbeitsangebot vor Ort den stärkeren Anstieg des Bevölkerungswachstums verursachte. Und in der Tat war Uri im Jahr 2022 schweizweit führend im Abwerben von Unternehmen aus anderen Kantonen und belegte laut Avenir Suisse mit einem relativen Zuwachs von 0,6 Prozent den dritten Platz. Für 2023 liegen keine vergleichbaren Zahlen vor, doch laut dem Bulletin der Volkswirtschaftsdirektion wurden 300 Stellen inseriert und rund 250 dieser Stellen auch besetzt. Zum Vergleich: 2022 waren es nur rund 200 offene Stellen.
Europäer dominieren Zuwanderung
Doch wer ist denn überhaupt nach Uri gezogen? Die provisorischen Zahlen des BFS zeigen, dass sich der Zuwachs von 613 Personen aus 15 Schweizer Personen und 598 Ausländern zusammensetzt, wobei der Nettozuwachs durch Geburten insgesamt nur 51 Personen beträgt. Schweizweit hängt das Plus in der Zuwanderung mit Flüchtlingen aus der Ukraine zusammen. Doch für Uri ist das offenbar nicht der Fall. Denn aus den «Asyl-News» des Kantons geht hervor, dass sich die Anzahl von Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich im Jahr 2023 um lediglich 103 Personen erhöht hat. Der Zuzug von EU-Bürgern hingegen mit Aufenthaltsbewilligung B betrug laut Bulletin des Amts für Arbeit und Migration rund 280 Personen und war damit grösser als in den vorherigen Jahren. Zahlen zu niedergelassenen Ausländern (C) und Aufenthaltern (B) aus Nicht-EU- und Efta-Staaten liegen noch nicht vor.
Es ist also zu vermuten, dass es tatsächlich die wirtschaftlichen Entwicklungen im Kanton Uri sind, die zu dem Bevölkerungswachstum geführt haben. Das ist bemerkenswert, denn die starke Entwicklung des Tourismus in Andermatt ging zwar mit einem Aufwärtstrend einher, doch weder die Eröffnung des «Chedi» 2013 noch des «Radisson Blu» 2018 hatten einen so starken Effekt, wie er nun verzeichnet wurde. Es ist allerdings abzuwarten, ob die vorläufigen Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung 2023 auch in der Grösse bestätigt werden.
Evelin Walker hofft darauf, dass diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch weiter angekurbelt wird. Denn auf der Werkmatt, der grössten zusammenhängenden Landreserve des Kantons, soll Gewerbe- und Industrie entwickelt werden. In den letzten Jahren wurden dafür bisher vier Landverkäufe und Baurechtsvergaben verzeichnet. Die Firma Kässbohrer und Christoph Hürlimann aus Zug kauften Parzellen. Und seit Januar 2023 ist klar, dass der Investor Christoph Schoop Grosses vorhat: In zwei Gebäuden soll eine «Mini-Stadt» mit Co-Working, Sport, Bar, Hotel und Restaurant entstehen, die neue Arbeitsplätze mit sich bringen soll.