Strahlend weiss gewaschen:
Den Geist der Vergangenheit beim Waschen finden

Mit blauem Pigment gegen Menstruationsflecken und viel Bizeps wird die Wäsche wieder sauber. 

Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie viel harte Arbeit hinter der Leichtigkeit unseres Alltags steckt.

 

Strahlend weiss gewaschen:
Den Geist der Vergangenheit beim Waschen finden

Mit blauem Pigment gegen Menstruationsflecken und viel Bizeps wird die Wäsche wieder sauber. Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie viel harte Arbeit hinter der Leichtigkeit unseres Alltags steckt.

Was bedeutet mir diese Geschichte?

Im Regionaljournalismus entdecke ich unerwartet oft kleine Wissensschätze. Meine Bewunderung für Hausfrauen, die mit Wäscheblau Menstruationsbinden weiss hielten, ist seit dieser Reportage gross.

In der Mittagshitze von Sarnen wehen weisse Unterhosen am blauen Himmel. An der Poststrasse rahmt die Wäsche eine historische Ausstellung ein. Zu sehen gibt es alles, was es der Hausfrau früher erleichterte, Hemden und Kleider im reinen Weiss erstrahlen zu lassen. Frauen in alten Leinenkleidern mit gestärkten Hauben führen den Besucherinnen und Besuchern die alten Gerätschaften vor.

Organisiert haben den Event im Rahmen von «Miär machid Platz» Susy Wolf und Arnold Burch, die auch die Wäscherei in der Ausstellung «Altes Handwerk» des Vereins Heimatkundliche Vereinigung Giswil betreuen. Unterstützt wurden die beiden engagierten Waschfans von Maya Röthlin.

Waschen ist heute eine triviale Alltagsarbeit, doch Maya Röthlin findet die Geschichte faszinierend, denn «da steckt der Geist der Vergangenheit drin» und das wird auch sogleich mit einigen Anekdoten belegt. «Ganz früher, noch vor Christus, da wuschen die Männer – mit Urin vor den Toren der Stadt. Das stank, doch der Kaiser, der mit seiner Latrinensteuer, oder anders gesagt Toilettengebühr, Geld verdiente, fand ‹Geld stinkt nicht›.»

Mit Wäscheblau gegen Menstruationsflecken

Stinken tut in Sarnen heute gar nichts, im Gegenteil. Die alten Leinenunterhosen und sogar die Stoffbinden strahlen regelrecht. Susy Wolf kennt den alten Trick: «Die Frauen haben früher Wäscheblau benutzt und so auch Menstruationsblut gut auswaschen können.» Wäscheblau, das ist Stärkemehl und der blaue Farbstoff Ultramarin, der rotes und gelbes Licht absorbiert, sodass der Stoff wieder weiss erscheint.

Zum Waschmittel gibt es dann eine weitere Anekdote: «Henkel aus Deutschland verkaufte das erste Waschpulver in Päckchen, doch dem Gründer der Migros, Gottlieb Duttweiler, war das zu teuer. Er lancierte das erste Schweizer Waschmittel und nannte es ‹Ohä› – Ohne Hänkel». Susy Wolf präsentiert die alte Packung und führt Besucherinnen und Besucher anschliessend den Ursprung des Waschmittels vor:

«Früher verwendete man Asche am besten von der Buche. Mit Wasser vermischt, liess man die Asche drei Tage stehen und siebte dann das Wasser ab – so erhielt man eine Lauge.» Besuchende des Waschtages in Sarnen können sich davon überzeugen: Das Aschewasser hinterlässt den gewohnt schmierigen Film von Seife auf den Fingern. Andere natürliche Waschmittel waren Rosskastanien oder auch Efeu.

Sei es die Entwicklung der Seife, der Wäscheklammer, die von einfachen Fuss-Wäschepressen zu richtigen Mangeln oder die Waschmaschine selbst – aus den Erfahrungen der Hausfrauen selbst entstanden immer handlichere Geräte.

Stampfen, bis die Arme brennen

Waschbretter gab es zunächst aus Holz und «da musste noch viel gerieben werden», betont Susy Wolf und zeigt, wie stark das Holz abgeschmirgelt ist. Später kamen dann in Italien Waschbretter aus Marmor auf, während es in der Schweiz die ersten aus Metall gab. Susy Wolf erinnert sich: «Früher haben wir Kinder da richtig mitarbeiten müssen.» Heute ist es für die Kinder an der Poststrasse ein lustiges Spiel an den kleinen Zubern und Waschbrettern.

Neben den bekannten Waschbrettern gab es auch Wäschestampfer, mit denen man in anstrengender Handarbeit Sauerstoff und Wasser durch das Kleidergewebe pressen konnte. Die nächste Entwicklung dann, die Waschkugel, ähnelt der heutigen Waschmaschine bereits sehr und «die sind heute noch praktisch für ein paar Socken oder auf der Alm», betont Susy Wolf.

Mit roten Nägeln auf «Start» drücken

Drehen musste man damals allerdings noch selber. Waschen war eine lange, anstrengende und mühsame Arbeit – das lehrt der Besuch des historischen Waschtages. Nicht verwunderlich also, dass sich die Werbung von Persil mit dem Aufkommen der ersten elektrischen Waschmaschinen darauf fokussierte, das dies nun auch mit rot lackierten Nägeln und einer Hochsteckfrisur möglich ist. Um das Image des Waschens in diesem Sinne zu modernisieren gab es eine Werbepuppe, das entsprechend gestylte «Persil-Gritli».

Ein bisschen Wehmut an alte Zeiten drückt ein Besucher trotzdem aus: «Wie toll der Stoff war – über hundert Jahre altes Leinen und so gut erhalten, unsere T-Shirts taugen dagegen gar nichts.»

Und Susy Wolf erinnert daran, dass Waschen ein wichtiger sozialer Treff war – am Brunnen, in Waschhäusern oder am Bach. Die Poststrasse wurde Zeuge von dieser gemeinschaftlich vergnügten Stimmung – so erledigt sich Hausarbeit doch gerne!